Teaser
- KARIN WIECKHORST – FOTOGRAFIN AUS LEIPZIG - Ein Porträt zur Wende
Synopsis
- Dokumentarisches Porträt einer Künstlerin, die unter dem Motto "Wir sind das Volk" für Veränderung in der DDR demonstrierte und nun etwas ratlos Menschenmassen fotografiert, die "Wir sind ein Volk" brüllen.
Ihren Lebensunterhalt verdient die Diplomfotografin seit 1965 im Fotolabor des Leipziger Völkerkundemuseums, 1985 wurde sie Mitglied im Verband bildender Künstler. Sie hatte, neben der Sachfotografie von Exponaten die Fotografie als künstlerisches Medium entdeckt. Im Museum zeigte man Verständnis und genehmigte ihr eine Halbtagsstelle.
In der Regel fotografiert Karin Wieckhorst Menschen. "Ich fand es immer wichtig", sagt sie, "daß da vorher eine Beziehung entsteht, daß da ein Raum entsteht, in dem wir uns treffen." Deshalb braucht sie für eine Fotoserie, wie für die über zwei Rollstuhlfahrer, vier Jahre, weiß dann aber auch, "daß da jede Scheu gewichen ist, daß da sogar ein Halbakt im Rollstuhl möglich geworden ist", von dem die Rollstuhlfahrerin Regina Reichert uns sagt:"Ich hab mich natürlich schon vorher im Spiegel gesehen. Aber es jetzt so manifestiert zu haben - also ich war auch erschrocken: Das bist Du...".
Karins Freund ist wohl vor Jahren daran zugrunde gegangen, daß die Staatsorgane ihm eine Entfaltung in seinem Beruf versagt hatten. Und sie hätte noch einen zweiten Grund gehabt, "wegzugehen": Das war 1968 bei der Sprengung der Leipziger Uni-Kirche, die sie als engagierte Christin "tief gekränkt" hat. Sie wehrte sich, indem sie die Sprengung heimlich fotografierte: "Ich hab mit der Verbreitung der Fotos meine Wut, meine Empörung anderen mitgeteilt."
Ein paar Monate nach der "Wende", für die sie in Leipzig mit demonstriert hat, sieht sie bestürzt, "daß wir, die mit den wilden Gärten, wieder als Störenfriede gelten, während die mit kurzgeschorenen Rasen heute wie früher mit den HERRschenden Verhältnissen zufrieden sind."
Siehe auch die WDR-Reportage: Euthanasie - Proteste gegen Peter Singer und den Film "Rollstuhlfahrer".
Die BILD-Zeitung und andere Blätter aus dem Springer-Verlag veröffentlichten Karin Wieckhorsts Fotos von der Zerstörung der Uni-Kirche, ohne ihren Namen zu nennen und ohne sie zu fragen oder dafür zu bezahlen. Der Verlag mußte für diesen Verstoß gegen das Urhebergesetz Schadensersatz leisten.
Der "Kölner Stadt-Anzeiger" schreibt: Einen "Blick hinter die Leinwand" gewährt die KAOS Galerie mit ihrer Ausstellung "Begegnungen in Ateliers, 1986-1989". Großformatige Schwarzweiß-Fotografien der Leipzigerin Karin Wieckhorst zeigen neben Angela Hampel und Klaus Killisch 16 weitere DDR-Künstler an ihrem Wirkungsort. Mit scharfer, nie beschönigender Linse hält die Fotografin die Maler und Bildhauer fest. Diese Selbstdarstellung im Atelier wird um Porträtfotos erweitert, die Karin Wieckhorst den Künstlern zur weiteren Gestaltung zur Verfügung stellte...
Das Ergebnis ist in seiner Vielfalt verblüffend. Lyrische Farbmalerei von Gerd Sonntag und figurative Kolorierungen Otto Möhwalds stehen abstrakten Verfremdungen der Künstler Klaus Hähner-Springmühl und Max Uhlig gegenüber. Hartwig Ebersbach aus Leipzig umgibt sich in seinem Atelier mit riesigen Leinwänden, der Raum als solcher ist nicht mehr erkennbar. Ebenso verschwindet sein Porträt unter der aufgetragenen Farbe...
Günter Dünkel in der "UZ" schreibt: So verschieden die künstlerischen Handschriften der vorgestellten Malerinnen und Maler aus der DDR sein mögen - eines ist ihnen allen gemeinsam: Etwas Anarchisches, Subversives, Grenzüberschreitendes; und das ist nun einmal ein konstitutives Element jeder Kunst, die sich der Wahrhaftigkeit, dem Experiment und der Erregung aller Nerven und Sinne verschrieben hat.
Crew
- Regie: Marianne Tralau, Peter Kleinert
- Drehbuch: Marianne Tralau, Peter Kleinert
- Kamera: Dieter Oeckl, Manfred Linke, Rainer Komers, Tom Kaiser, Peter Kleinert
- Schnitt: Marianne Tralau, Peter Kleinert
- Musik: Bennink, van Hove, Brötzmann, Hanns Eisler
- Produzent/in: Peter Kleinert
- Ton: Birgit Köster, Stephan Thonett
- Redaktionsleiter: Helga Märthesheimer
- Produktion: KAOS Film- und Videoteam Köln
- Ausstrahlung: WDR